Kapitel 24

  • Der Fallensteller
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Anke Frerichs lenkte ihren silbernen Zweisitzer mit Höchstgeschwindigkeit über den Theaterwall, am Staatstheater vorbei und bog mit einem halsbrecherischen Manöver rechts in die Roonstraße ein. Beinahe hätte sie eine junge Frau auf ihrem Hollandrad erwischt. Der Smart geriet ins Schlingern, fing sich dann aber wieder. Anke beschleunigte wieder. Die Automatik schaltete widerwillig zwei Gänge runter. Nach einigen Metern bremste sie scharf und bog vorsichtig im Schritttempo rechts ab in die Cäcilienstraße, stoppte und stellte den Wagen direkt am Eingang zu der kleinen, parkähnlich angelegten Anlage ab.

Still und friedlich lag der Cäcilienplatz vor ihr. Sondierend blickte sie sich um. Sie kannte sich hier aus, lag doch ihre Wohnung keine zwei Straßen von hier entfernt. Schon oft hatten sie und ihre Lebensgefährtin hier nach einer durchtanzten Nacht in den Clubs der Oldenburger Innenstadt haltgemacht und manchmal bis zum Sonnenaufgang die romantische Ruhe Hand in Hand oder dicht aneinander gekuschelt genossen. Das würde jetzt wohl vorbei sein. Der Ort hatte seine Magie verloren. Ein potenzieller Schauplatz des Todes war aus ihm geworden. Das kleine Toilettenhäuschen stand rechts vom Park wie ein unbeteiligter Zeuge da und schwieg sich aus.

Nichts und niemand war zu sehen. Ihr Handy piepte. Sie kramte es hervor und schaute aufs Display. Eine SMS aus der Zentrale mit den Hinweisen auf das Versteck mit seinem vermutlich tödlichen Inhalt. Anke stieg aus dem Wagen und scannte das Gebiet routinemäßig ab, wollte eine böse Überraschung vermeiden. Noch immer war niemand zu sehen. Im Hintergrund konnte sie das Heulen von Polizeisirenen hören. Ihre Verstärkung war im Anmarsch. Oder es waren die Kollegen, die unweit von hier, bei der Lamberti-Kirche, Enno Melchert zur Seite stehen sollten.

Vollmers hatte schnell gehandelt. Gut zu wissen, dass man sich auf den alten Hasen immer noch verlassen konnte. Er konnte vielleicht nicht mehr so schnell laufen, aber im Denken und Handeln war er so flink wie eh und je. Anke zögerte. Unweit von ihr stand das Ziel – eine Statue. Das musste es sein. Die Beschreibung in der SMS ließ keinen Zweifel zu. Die Figur schien sie über den kiesbestreuten Weg hinweg geradezu anzustarren. Von Neugier getrieben, bewegte sich Anke auf das Bronzegebilde zu, den Blick starr auf ihr Ziel fixiert. Die von Udo Reimann erschaffene Büste der 1848 in Oldenburg geborenen Bürgerrechtlerin und Lehrerin Helene Lange ignorierte sie. Den im Hintergrund liegenden megalithischen Stein, bearbeitet und geschaffen von Makoto Fujiwara und Karl Prantl, auch. Die Kollegen mussten jede Minute eintreffen. Vorsichtshalber löste sie den Sicherheitsverschluss an ihrem Halfter und ließ eine Hand auf ihrer Waffe ruhen. Es war totenstill um sie herum. Keine Menschenseele hatte sich hierher verirrt. Eigentlich untypisch für diese Uhrzeit.

Vorsichtig umrundete sie die Statue, die von Christa Baumgärtel 1983 zum 100. Geburtstag von Karl Theodor Jaspers aufgestellt wurde. Der schien sie, auf ein dickes Buch gestützt, leicht vornübergebeugt, unnachsichtig und belehrend anzublicken, gerade so, als ob er ihr einen Vortrag über das Leben und den Tod halten wollte. Anke fröstelte. Das Sirenengeheul wurde lauter. Hinter ihr bog ein silberner Passat in die Roonstraße ein und hielt hinter ihrem Smart. Ein Kollege und eine junge Kollegin, die Anke vom Museum her wiedererkannte, sprangen aus dem Wagen und kamen zu ihr hinüber gelaufen.

»Kollegen«, grüßte Anke Frerichs knapp. Die beiden Polizisten nicken wortlos. Wie eingeübt postierten sie sich rechts und links neben der Statue. Anke gab den beiden eine kurze Erklärung zum Sachstand, dann zog sie eine Taschenlampe hervor und begann die Statue vorsichtig Millimeter für Millimeter zu untersuchen.

Sie untersuchte die Statue systematisch von oben bis unten. Zunächst nahm sie sich den Sockel vor, dann den oberen Teil – die eigentliche Statue. Die Augen von Karl Jaspers schienen sie mit eiskaltem und berechnendem Blick zu verfolgen. Gerade als sie zu zweifeln begann, ob hier überhaupt etwas zu finden war, wurde sie fündig. In dem Zwischenraum zwischen Blatt und Sockel steckte etwas. Vorsichtig griff sie in die Nische und zog ein eingewickeltes Päckchen hervor.

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