Als Vollmers mitten in der Nacht das Büro betrat, erschrak er. Enno Melchert stand mit dem Rücken zu einem Aktenschrank und mit hinter dem Rücken verschränkten Armen vor ihm. Ein undefinierbares dumpfes Brummen kam aus dem Schrank. »Was machst du denn um diese Zeit hier?« fragte Vollmers und ging an ihm vorbei zu seinem Schreibtisch.
»Ich konnte nicht mehr schlafen«, antwortete Melchert. »Die Aktion in der Kirche …« Er verstummte.
»Keine schöne Sache«, sagte Vollmers. »Sowas nimmt man mit nach Hause.«
»Wäre ich nur eine halbe Stunde eher da gewesen, hätte ich ihn noch retten können.«
Vollmers sah ihn müde an. »Mach dir keinen Kopf. Du konntest gar nichts tun. Dich trifft keine Schuld. Du hast die Falle nicht gelegt. Und du bist so schnell wie möglich zum vermuteten Tatort gefahren. Außerdem war es bis zu diesem Zeitpunkt ja auch erst mal nur eine Vermutung. Es hätte ja auch sein können, dass da gar nichts ist. Der arme Kerl hat einfach Pech gehabt, du konntest nichts dafür.«
»Trotzdem …«, setzte Enno Melchert an.
»Nichts trotzdem«, fuhr ihn Vollmers an. »Schluss damit! Es war nicht deine Schuld. In unserem Job sterben Menschen, wir können nur für die Zukunft dafür sorgen, dass es so wenige wie möglich sind. Was stehst du da eigentlich so dämlich vor dem Schrank rum? Was brummt da so komisch?«
Jetzt grinste der junge Ermittler und zauberte einen Kaffeebecher hinter seinem Rücken hervor. »Käffchen?«
Vollmers runzelte die Stirn. Enno Melchert öffnete theatralisch die Schranktür, und eine dampfende Senseo-Kaffeemaschine kam zum Vorschein. Vollmers musste nun ebenfalls grinsen.
»Ich nehme auch einen!« Die beiden zuckten zusammen. Hinter ihnen hatte Anke Frerichs unbemerkt das Zimmer betreten. »Na, dann wären wir ja wieder komplett. Dann mal ran an die Arbeit.«