Auch sie hatte ihn schließlich verraten, seine eigene Mutter. Dafür musste auch sie sterben. Die Stimmen hatten es ihm verraten – und er hatte es ihr angesehen. Sie konnte ihm nicht mehr in die Augen sehen, hielt den Kopf gesenkt und versuchte ihm aus dem Weg zu gehen.
Sie konnte einfach nicht mehr schweigend zusehen, wie er in dem Keller seine widerlichen Experimente an streunenden Hunden und Katzen machte. Zu oft hatte sie ihr Schreien und Jaulen gehört. Und dann die unerklärliche Häufung an Todesfällen im Pflegeheim, in dem er seit einiger Zeit als Raumpfleger tätig war. Sie ließen eine dunkle Ahnung in ihr aufkeimen. Sie brauchte keine Beweise – sie wusste, was er tat. Sie kannte ihren Sohn. Zu lange hatte sie ihn geschützt, hatte weggesehen, hatte versucht, ihr Kind, das zu einem Monster herangewachsen war, zu behüten. Mit grausamen Folgen.
Schließlich war sie zur Polizei gegangen.
»Thorsten, ich musste es tun. Verzeih mir«, sagte sie leise unter Tränen. Er antwortete nicht.
Als sich seine Hände um ihren Hals schlossen, hatte sie sich zunächst nicht gewehrt, bis sie mit dem steigenden Druck seiner Hände realisierte, was er da tat. Verzweifelt versuchte sie sich aus seinem Griff zu winden. Doch sie hatte keine Chance mehr. Er drückte immer fester zu – bis schließlich das Leben in ihren Augen erlosch.
Er saß immer noch mit um ihren Hals verkrampften Händen da, als die Polizei eintraf, um ihn abzuholen. Still lief ihm eine Träne über die Wange. Nun war er für immer allein.