Für vier Tage nach Dublin – ein Guinness in der Templebar und zurück – dafür sollte es doch auf alle Fälle reichen!? Klar, ist das etwas kurz, aber wir machen das trotzdem, da waren Petra und ich uns einig. Schließlich galt es ja in erster Linie, ihren Bruder Rüdiger und dessen Frau Priscilla zu besuchen. Und das Bad Zwischenahn Journal durfte durch mich mitreisen.
Um es gleich vorwegzunehmen – best idea ever. Es wurden vier eindrucksvolle, erlebnisreiche Tage. 1.300 Kilometer nahmen wir für unsere kleine Reise mit großartigen Erinnerungen in Kauf, um die grüne Insel mitten im nördlichen Atlantik zu erreichen. Ich rechne mal gerne die Zeit von Haustür zu Haustür, das wären immerhin nach Bahn, Flug ab Hamburg, Bus und Spaziergang rund 10 – 12 Stunden. Ganz genau kann ich das nicht sagen, denn nach einer unterhaltsamen Anreise, Ankunft auf dem Dubliner Airport, dem Schnellbus in die Innenstadt, rollten wir mit unseren Trolleys gleich in den ersten Pub, wo Rüdiger schon eine Runde Guinness bestellte. Es war leicht nieselig. Auf den stark frequentierten Straßen der Innenstadt der 500.000-Einwohner Metropole liefen junge Leute geschäftig umher, an der Ecke wartete eine Gruppe auf den nächsten Stadtbus. Der Pub in rotem Backstein, lichttechnisch gut in Szene gesetzt, war locker besucht. Es herrschte eine angenehme Stimmung, die stellvertretend für diese junge, lässige Stadt sein sollte. Dann gab es schon das nächste Hallo als Priscilla auftauchte. Bis zu ihrem gemeinsamen Nachnamen – Wolf (ja, Rüdiger ist der Sohn von Klaus WolfJ) war es eine interessante Geschichte. Doch mehr dazu später.
In Dublins Innenstadt sieht man keine großstadttypischen Hochhäuser; vielmehr prägt hier und besonders in den Wohnbereichen der georgianische Baustil die Architektur dieser weltoffenen Metropole, wovon wir uns noch am Abend unserer Ankunft überzeugen konnten. Rüdiger lud uns in ein palästinensisches Restaurant ein, um im Anschluss mit uns den Fußmarsch quer durch die Stadt bis zu seiner Wohnung
im Stadtteil Terenure vorzuschlagen. Was für ein Tag – nach Zug, Flug, Bus, Pub und Dinner dann der nächtliche Gang durch die Seitenstraßen einer komplett „anderen“ Stadt: Die Laternen warfen ihr diffuses Licht auf teils unebene Straßen und Gehwege, hier und da ein wenig Grün in geschätzten zwei qm großen „Vorgärten“, Häuser mit flachen Dächern und markanten Schornsteinen, angestrahlte Hauseingänge mit Rundbögen im typischen georgianischen Stil.
So erlebnisreich wie es anfing, ging es auch weiter. Am zweiten Tag wagten Petra und ich uns mit dem Bus in die Innenstadt, besichtigten die altehrwürdige Christ Church-Cathedral, um uns dann ausgestattet mit Cake und Coffee auf eine meiner geliebten Stadtrundfahrten zu begeben. Cool, was man mit den „Hop on Hop off“-Doppeldeckerbussen alles sehen und erfahren kann. Anthony unser Busfahrer und Guide erklärte allen Fahrgästen auf sehr amüsante Art seine Stadt. Er konnte als Mann Busfahren und Reden zugleich, was mich schon allein beeindruckte, und im Anschluss musste er sich erstmal über den schönen Ort am See in Norddeutschland belehren lassen. Die Tour durch Dublin führte unter anderem entlang der Dame Street vorbei am Dublin Castle, der Teeling Whiskey Distillery, dem Guiness Storehouse, über das Irish Museum of Modern Art, führte kurz in den riesigen Phoenix Park und entlang dem River Liffey, der durch die Stadt fließt und ging auch ein Stück über die belebte O’Connell-Street. Zudem bekam man das Trinity College oder National Gallery zu sehen.
„So viel habe ich die ganzen letzten Besuche nicht gesehen.“, sagte Petra, die schon einige Male ihren Bruder auf der Insel besuchte. Aber nun sollte es dann auch endlich zum „anderen“ Kulturprogramm übergehen, und
wir saßen die nächsten Stunden in der Templebar, dem Kneipenviertel Dublins und hörten richtig gute Irish-Folk-Live-Musik. Es folgten noch zwei typische Dubliner Pubs, die nur Rüdiger finden konnte.
Klasse, am nächsten Tag hatte Rüdiger frei und schlug eine Fahrt mit dem „Dart“ raus aus der Stadt vor, zum Cliffwalk. In dem kleinen Ort Greystones stärkten wir uns noch mal in einem hippen, jungen Öko-
Bio-Restaurant und machten uns dann auf entlang Irlands Westküste, immer direkt am Meer lang. Ein tolles Erlebnis. Ich bekam einen Eindruck von der Weite der schroffen, grünen Landschaft, dem Meer, der Besonderheit dieser nur 84.000 qkm großen Insel*) westlich von Groß-Britannien. Die Insel Irland ist flächenmäßig also in etwa so groß wie Österreich, zählt aber nur 4,7 Millionen Einwohner.
Eine Zuglinie schlängelt sich entlang der Küste, verschwindet hier und da mitten im Berg, um an anderer Stelle wie aus dem Nichts wieder aufzutauchen, Lichtspiele, Wolken, Regenschauer am Horizont verzaubern das Meer, Steinwälle zäumen die schroffe Landschaft hier und da ein, ein kleines halb zerfallenes Stein- Cottage erinnert an eine Zollstation aus längst vergangenen Zeiten, in denen das Land oft schwierige Lebensbedingungen bot und spezielle Charaktere an Menschen formte. Die Ortsnamen sind immer auch in der zweiten Amtssprache – Gälisch aufgeführt und halten diese keltische Sprache präsent. Zurück in der Neuzeit und der Zivilisation treffen wir in dem kleinen Küstenort Bray Priscilla wieder und wärmen uns mit Tee und Kaffee in einem Café am Meer auf. In Dublin sahen wir später noch einen „schrägen“ Kinofilm über die Punkszene in Belfast zur Zeit der IRA. Oh man, was für ein Kontrastprogramm.
Rüdiger hat es der Liebe wegen nach Dublin verschlagen, weit weg von Bad Zwischenahn lebt er mittlerweile seit über zwei Jahren dort. Kennengelernt hat er Priscilla Robinson aber bei einem Kunstprojekt in Oldenburg. Dass ihrem Deutschland-Trip noch viele weitere folgen sollen, dass hätte die Irin damals sicherlich auch nicht gedacht. Aber das Leben hält immer besondere Überraschungen bereit…und wenn es „nur“ eine kleine spontane Reise nach Irland ist. Ein Land, das eigentlich so gar nicht auf meiner places-to-visit-Liste war, und welches mich mit seiner ganz besonderen Eigenart überraschte.
*) das rd. 14.000 qkm große Nordirland eingerechnet