Kommunalpolitikerin aus Leidenschaft

Foto: privat

Im Gespräch mit Nicole Piechotta, SPD, Ratsfrau, Bürgermeisterin

Nicole Piechotta, 34 Jahre, ist in Oldenburg aufgewachsen und wohnt heute im Stadtnorden. Nach ihrem Studium der Sozialwissenschaften und Slawistik und einem anschließenden Studium Sport und Lebensstil ist sie seit über 7 Jahren als Betriebsratsreferentin bei der Meyer Werft, Papenburg, tätig. Seit drei Jahren ist sie Vorsitzende der SPD Oldenburg. Als Mitglied des Stadtrates sitzt sie in den Fachausschüssen Schule, Sport, Umwelt, Wirtschaftsförderung, Stadtplanung und Bauen (als dauerhafte Vertretung).

Sie sind bereits mit 16 Jahren in die SPD eingetreten. Was war der ausschlaggebende Grund?

Ich habe mich einfach schon früh für Politik interessiert. Ich habe mich für die SPD entschieden, weil ich mich mit ihren Inhalten, auch ihrer Bodenständigkeit und vor allem ihrem Einsatz für Bildungspolitik identifizieren konnte. Meine Eltern sind aus Polen nach Deutschland gekommen, ich bin hier geboren. Ich habe selbst erlebt, dass es in unserem Bildungssystem Benachteiligungen gibt, daher ist das Thema Bildungspolitik auch heute noch eines der wichtigsten für mich. Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn man als Kind z. B. wenig Geld für gutes Schulmaterial hat. Daher machen mich ‚gut situierte‘ Meinungen, die von oben herab über sozial und finanziell schwache Bürger:innen geäußert werden, immer wütend. Da kann ich dann auch nicht den Mund halten. Ich habe in meiner Tätigkeit als Betriebsreferentin mit vielen Kolleg:innen aus dem handwerklichen Bereich zu tun und finde es schlimm, wenn sie anders behandelt werden, nur weil sie z. B. einen Hauptschulabschluss haben. Viele Kinder und Jugendliche haben gar keine Chance auf eine gute Schulbildung, einfach weil sie nicht über die nötigen mobilen Endgeräte verfügen.

Welche Themen liegen Ihnen sonst noch besonders am Herzen?

Gleichberechtigung, Respekt allen Menschen gegenüber – das sind für mich wichtige Werte. Toll finde ich in Oldenburg, dass sich hier viele Bürger:innen gegen Rechtsextremismus engagieren. Auch die queere Community, die sich für Minderheiten und benachteiligte Gruppen einsetzt, empfinde ich als großen Gewinn. In Oldenburg wird auch aktiv etwas für die Bildungsgerechtigkeit getan, sei es durch bessere Materialausstattung an den Schulen und den Ausbau der Ganztagsschulen.

Das Thema Klimawandel und Klimawende wird meiner Meinung nach zu akademisch diskutiert. So erreicht man Menschen mit einem bildungsfernen Hintergrund kaum. Das, was sie ‚mitnehmen‘, ist: Sie müssen mehr bezahlen und auf einiges verzichten. Da tut sich für mich eine neue Ungerechtigkeit auf, da eben nicht alle Bevölkerungsgruppen ‚abgeholt‘ werden. Es gilt, da einen guten Mittelweg zu finden. Eine Idee wäre, in den Stadtteilen Begegnungsräume zu schaffen, in denen die Auswirkungen des Klimawandels und die Maßnahmen dagegen bürgernah vermittelt werden. Wie kann man die Menschen am besten in ihrer Lebenswelt dort abholen, wo sie gerade stehen? Wie kann man sie auf Augenhöhe unterstützen? Eines ist für mich noch sehr wichtig: Klimaschutz darf nicht zu weiteren sozialen Ungerechtigkeiten führen. Wenn man es richtig angeht, muss es das auch nicht.

Wir werden in den kommenden Monaten auch viel für die Kinder und Jugendlichen tun müssen, die in der Pandemie ‚abgehängt‘ wurden – nicht nur was die fehlende Bildung, sondern auch, was die psychischen Auswirkungen angeht.

In welchen Bereichen sehen Sie in Oldenburg besonders viel Potenzial?

Neben der Klimawende ist das u. a. die Wohnraumentwicklung: die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum und mehr Wohnraum für Familien. Quotenregelungen und Erbbaurecht können hierbei helfen. Auch würde ich mir eine bessere Verkehrsentwicklung wünschen – dass mehr Angebote für Radfahrer:innen geschaffen und der ÖPNV ausgebaut wird. Und im Bereich Schule sehe ich noch viel Handlungsbedarf, um möglichst allen Schüler:innen einen guten Bildungsweg zu ermöglichen.
Bei all diesen ernsten Themen ist es mir aber auch wichtig, dass den Bürger:innen kulturelle Angebote gemacht werden, um auch mal wieder eine schöne (Frei)Zeit zu haben. Kulturschaffende müssen unterstützt und Kulturprojekte gestärkt werden.

Für meinen Wahlbezirk Nordost und Ofenerdiek sehe ich die Stadtteilentwicklung und das Thema Stadtteilzentrum als Begegnungsraum im Fokus. Wie kann man zudem Verkehrsflüsse optimieren? Und wie Naherholungsflächen erhalten (Swarte Moor See, Bornhorster See) und stärken? Wie kann man baulich auf den starken Zuzug reagieren? Ofenerdiek ist sehr heterogen, eine gute Mischung aus Alteingesessenen und jungen Familien, die aus dem Stadtzentrum hierherziehen. Ich möchte in der Entwicklung alle Bewohner:innen aktiv mit einbeziehen und somit Lebensqualität für alle schaffen.

Wie viel Zeit nimmt Ihre politische Arbeit derzeit ein?

Sehr viel! Aber es macht mir auch sehr viel Spaß. Die Prinzipien sind die gleichen wie in meiner hauptberuflichen Tätigkeit: Es geht um Kommunikation, Vermittlung und die Entwicklung und Umsetzung gemeinsamer Pläne und Themen. Highlights für mich sind z. B., als wir den Stadtteil Fliegerhorst verabschiedet haben. Ein tolles Gefühl, an der Entwicklung eines ganzen Stadtteils mitwirken zu können! Letztens habe ich u. a. eine sogenannte Sportbox auf den Weg gebracht – eine Kiste, aus der man sich Sportgeräte per App leihen kann und die erstmalig im Stadtgebiet aufgestellt werden wird.

Wichtig ist eine gute Vernetzung im Stadtteil. Ich rede wahnsinnig viel mit Leuten – das macht Kommunalpolitik aus. Viel mehr Freizeit habe ich nicht (lacht). Aber das ist eine Leidenschaft, das macht mir Freude, auch dass ich dabei so viele Menschen kennenlernen darf – da schaue ich nicht auf die Uhr.

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